Ich bin auf ein Projekt gestoßen, dem sogenannten #weekendwriting. Jedes Wochenende wird eine neue Fotografie gepostet, zu der man eine Kurzgeschichte schreiben kann. Ich finde die Idee ziemlich toll und habe mir heute zum ersten Mal die Zeit dafür genommen. Wen es auch interessiert, schaut doch bei diesem Blog vorbei: http://www.ineshaeufler.com/blog/
Hier ist meine Kurzgeschichte (zunächst nur die Rohfassung):
Ich schließe die Augen. Hinter mir steht die Frisörin und hält meinen langen Zopf in ihren Händen.
„Bereit?“, fragt sie.
„Ja“, antworte ich.
Einige Sekunden vergehen, dann höre ich die Schere, wie sie jedes einzelne Haar durchtrennt.
Mein Kopf fühlt sich leichter an.
Ich lasse die Augen geschlossen, während die Frisörin nun einen ordentlichen Haarschnitt zaubert. Ich stelle mir vor, wie ich jetzt aussehe. Zu meinem neuen Aussehen denke ich mir einen neuen Charakter aus. Zu meinem neuen Charakter einen neuen Namen.
Als ich die Augen aufschlage, sehe ich mein blasses Gesicht im großen Spiegel. Ich betrachte meine Ohren, die sonst immer von den langen Haaren verdeckt gewesen waren. Auch mein Nacken und meine Schultern sind frei.
Meine blauen Augen wirken größer, jetzt wo es keine buschigen Haarsträhnen mehr gibt, die von ihnen ablenken. Die Frisörin lächelt mir zu und auch ich lächele.
Ich heiße jetzt Florence.
Florence ist eine zielstrebige offene Frau, die sich nicht versteckt. Sie lacht viel, sie bewegt sich grazil und verzaubert die Menschen, mit Witz und Anmut.
Langsam erhebe ich mich aus dem ledernen Stuhl. Mein brauner Zopf liegt auf dem gekachelten Fußboden. Kurz denke ich daran ihn aufzuheben und mitzunehmen, aber ich lasse ihn liegen und gehe zur Kasse.
Als ich den Frisörladen verlasse, atme ich die klare Frühlingsluft ein. Es wird ein schöner Tag in dieser fremden Stadt. Vor einem Mistkübel bleibe ich stehen und hole meinen Reisepass aus der Tasche. Bevor ich ihn in den Eimer werfe, betrachte ich noch einmal das Dokument. „Simone Remie“ heißt es darin. Als der Pass und der Name verschwunden sind, fühle ich mich wieder um einiges leichter und spaziere weiter. Ein Mann sieht mich an und er lächelt. Simone hätte schnell weggesehen, aber Florence lächelt zurück.
Hier ist meine Kurzgeschichte (zunächst nur die Rohfassung):
Ich schließe die Augen. Hinter mir steht die Frisörin und hält meinen langen Zopf in ihren Händen.
„Bereit?“, fragt sie.
„Ja“, antworte ich.
Einige Sekunden vergehen, dann höre ich die Schere, wie sie jedes einzelne Haar durchtrennt.
Mein Kopf fühlt sich leichter an.
Ich lasse die Augen geschlossen, während die Frisörin nun einen ordentlichen Haarschnitt zaubert. Ich stelle mir vor, wie ich jetzt aussehe. Zu meinem neuen Aussehen denke ich mir einen neuen Charakter aus. Zu meinem neuen Charakter einen neuen Namen.
Als ich die Augen aufschlage, sehe ich mein blasses Gesicht im großen Spiegel. Ich betrachte meine Ohren, die sonst immer von den langen Haaren verdeckt gewesen waren. Auch mein Nacken und meine Schultern sind frei.
Meine blauen Augen wirken größer, jetzt wo es keine buschigen Haarsträhnen mehr gibt, die von ihnen ablenken. Die Frisörin lächelt mir zu und auch ich lächele.
Ich heiße jetzt Florence.
Florence ist eine zielstrebige offene Frau, die sich nicht versteckt. Sie lacht viel, sie bewegt sich grazil und verzaubert die Menschen, mit Witz und Anmut.
Langsam erhebe ich mich aus dem ledernen Stuhl. Mein brauner Zopf liegt auf dem gekachelten Fußboden. Kurz denke ich daran ihn aufzuheben und mitzunehmen, aber ich lasse ihn liegen und gehe zur Kasse.
Als ich den Frisörladen verlasse, atme ich die klare Frühlingsluft ein. Es wird ein schöner Tag in dieser fremden Stadt. Vor einem Mistkübel bleibe ich stehen und hole meinen Reisepass aus der Tasche. Bevor ich ihn in den Eimer werfe, betrachte ich noch einmal das Dokument. „Simone Remie“ heißt es darin. Als der Pass und der Name verschwunden sind, fühle ich mich wieder um einiges leichter und spaziere weiter. Ein Mann sieht mich an und er lächelt. Simone hätte schnell weggesehen, aber Florence lächelt zurück.
Zwölf Jahre lang habe ich die Schule extrem gut gemeistert. Ich hatte meine Schwierigkeiten, aber noch nie ging es um eine Nachprüfung.
Jetzt stehe ich mitten in meiner Matura/Abitur und bleibe stecken. Die schriftliche Prüfung in Mathematik habe ich nicht geschafft. Da war ich zumindest nicht die einzige, nachdem in Österreich momentan mit dem Versuch die Zentralmatura auszuführen, so ziemlich alles schief geht. Gestern hatte ich eine Kompensationprüfung, um mir diese negative Note auszubessern.
Wir sehen uns dann im Herbst wieder.
Inzwischen bin ich die einzige von meinen Freundinnen, die es noch einmal versuchen muss und auch die einzige die schon lange mit der Schule abgeschlossen hat und keinen dieser Tage vermisst.
Als eine Freundin heute aus der Klasse gerannt kam und am ganzen Gesicht strahlte, sie habe sogar eine Eins geschafft, begann ich fast zu weinen.
Ich versuche so gut es geht, mich nun auf die mündlichen Prüfungen zu konzentrieren, aber es fällt mir unheimlich schwer. Mein Onkel meinte, ich solle Kunst schaffen und mir diese Erfahrung sogar als Inspirationsquelle nehmen, aber es wird noch einige Tage dauern, bis ich wieder zur Kunst finden kann.
Jetzt stehe ich mitten in meiner Matura/Abitur und bleibe stecken. Die schriftliche Prüfung in Mathematik habe ich nicht geschafft. Da war ich zumindest nicht die einzige, nachdem in Österreich momentan mit dem Versuch die Zentralmatura auszuführen, so ziemlich alles schief geht. Gestern hatte ich eine Kompensationprüfung, um mir diese negative Note auszubessern.
Wir sehen uns dann im Herbst wieder.
Inzwischen bin ich die einzige von meinen Freundinnen, die es noch einmal versuchen muss und auch die einzige die schon lange mit der Schule abgeschlossen hat und keinen dieser Tage vermisst.
Als eine Freundin heute aus der Klasse gerannt kam und am ganzen Gesicht strahlte, sie habe sogar eine Eins geschafft, begann ich fast zu weinen.
Ich versuche so gut es geht, mich nun auf die mündlichen Prüfungen zu konzentrieren, aber es fällt mir unheimlich schwer. Mein Onkel meinte, ich solle Kunst schaffen und mir diese Erfahrung sogar als Inspirationsquelle nehmen, aber es wird noch einige Tage dauern, bis ich wieder zur Kunst finden kann.
¶ Wolken
Letztes Jahr in Korsika.